Ernährung

Nüchterntraining: Was ist dran am Training mit leerem Magen?

von Katrin Spägele - 24 Aug, 2017

Morgens noch vor der Arbeit oder vor dem Frühstück eine Runde schwimmen, in die Laufschuhe schlüpfen oder sich aufs Rennrad schwingen, das kennen sicherlich die meisten von uns. Diese unter dem Namen „Nüchterntraining“ bekannte Trainingsform ist bis heute unter Experten und Ernährungswissenschaftlern umstritten. Kurbelt diese Methode zusätzlich die Fettverbrennung an? Kann man dadurch schneller Gewicht verlieren? Setzt der Fettstoffwechsel durch regelmäßiges Nüchterntraining auch im Wettkampf früher ein? Fragen über Fragen, denen wir hier Antworten entgegen bringen wollen.$PreviewBreak

Zuerst einmal muss erklärt werden, dass der Körper viel Energie braucht, um überhaupt Muskelarbeit leisten zu können. Dazu ist es wichtig genügend Kohlenhydrate oder Fette im Organismus zu haben, die verbrannt werden können, damit die benötigte Energie frei werden kann. Zu berücksichtigen gilt aber, dass die Vorräte an Kohlenhydraten im Körper irgendwann begrenzt sind und zur Neige gehen. Vor allem bei lang andauernden Beanspruchungen (mehr als 1,5 Stunden) mit geringer Belastungsintensität greift der Körper auf die Fettreserven zurück. Es kommt zur sogenannten Fettoxidation – der Verbrennung von Fetten.

Nüchterntraining als Katalysator der Fettverbrennung

Das Nüchterntraining stellt eine Variante dar mit der die Fettoxidation optimiert werden soll. Das Ziel ist es die Aktivität der Enzyme der Fettverbrennung zu erhöhen. Ursprünglich wollte mit einem Nüchterntraining bewiesen werden, dass Freizeitsportler damit ihr Gewicht reduzieren können. Mehr als Gewicht halten ist aber nicht möglich, bei einer konstant bleibenden Kalorienzufuhr. Auch für Leistungssportler ergibt sich kein Trainingswunder mit dieser Methode. Die Wettkampfleistung steigert sich durch ein alleiniges Nüchterntraining keinesfalls.

Trotzdem kann mit einem regelmäßigen Nüchterntraining die Fettverbrennung trainiert werden. In den Trainingsplan eingearbeitet ergibt sich langfristig eine schnellere und effektivere Fettverbrennung. Die leistungsbringenden Kohlenhydrate werden eingespart und erst als „letzte Körner“ beim Endspurt verpulvert.

Ohne Fette keine Leistung

Viele Ernährungswissenschaftlern plädieren, dass die Kohlenhydrate den Athleten in seiner Entwicklungsmöglichkeit limitieren, weil sie die Ausbildung eines leistungsfähigen Fettstoffwechsels verhindern. Gerade beim Marathon oder bei einer Langdistanz schafft es der Körper nicht alleine durch den Vorrat an Kohlenhydraten die Distanz durchzustehen. Die Fetteinlagerungen bieten hier den Schlüssel für Bestleistungen. Je mehr Energie der Sportler durch Fette gewinnen kann, desto leichter kann er die Kohlenhydrate einsparen. Daher gilt für Leistungssportler eine strenge Einsparung der Kohlenhydratzufuhr über die Nahrung beim Sport und im Alltag. Somit kann die Fettverbrennung leichter und effizienter trainiert werden.

Train low, compete high

Vor allem in den letzten Jahren hat eine Methode im Nüchterntraining besonders von sich Reden gemacht: „train low, compete high“. Dies bedeutet übersetzt so viel wie, trainiere mit gering gefüllten Kohlenhydratspeichern und behaupte dich im Wettkampf mit gefüllten Speichern! Hierbei werden zwei Trainingseinheiten miteinander kombiniert. Während der ersten Einheit entleert der Sportler seine Kohlenhydratspeicher und in der zweiten Einheit heißt es mit den entleerten Speichern trainieren. Allerdings macht die Strategie kurz vor einem Wettkampf keinen Sinn und es empfiehlt sich diese vor allem in das Training einzubauen. Am Wettkampftag sollten die Sportler mit gefüllten Kohlenhydratspeichern an den Start gehen.

Bei der Anwendung dieser Methode gilt es zu beachten, dass der Sportler über den Tag ausreichend Kohlenhydrate, wie Vollkornbrot, Nudeln, Kartoffeln, Bananen, Reis usw. verzehren sollte. Nur zwischen den kurz aufeinanderfolgenden Trainingseinheiten sollten die Athleten bis zu dreimal pro Woche auf eine Extra-Kohlenhydratzufuhr verzichten und sozusagen „nüchtern“ bleiben. Dies führt zu einer sogenannten Up-Regulation des Fettstoffwechsels. Es macht diesen effektiver und lässt ihn auch früher und schneller einsetzen.

Einige Experten stehen dem Nüchterntraining skeptisch gegenüber

Die Idee des Nüchterntrainings besteht in dem meist morgendlichen Trainings ohne eine vorher eingenommene Nahrungszufuhr. Die Sportler wurden besonders darauf aufmerksam, weil unter ihnen fast schon Angst vor Kohlenhydraten herrscht. Doch einige Experten sehen das Nüchterntraining und den damit einhergehenden Trend eher kritisch. Sie betonen, dass ein Fettstoffwechsel nicht ohne Kohlenhydrate funktionieren kann. Denn wenn die Kohlenhydratspeicher leer werden, generiert der Körper zunächst neue Kohlenhydrate aus den Proteinen. Dafür greift der Körper auch auf Antikörper – freie Proteine im Blut, die für die Funktion des Immunsystems wichtig sind zurück. Das kann im Extremfall sogra dazu führen, dass während des Trainings Bewegungen unkontrollierter werden und Schwindelzustände auftreten und letztendlich das Training somit ineffektiv oder sogar schädlich für den Sportler wird.

Studie zum Nüchterntraining

Bei einem Versuchsaufbau von STAPS-Experten fuhr ein Radfahrer dreimal das identische Intervallprogramm, jedoch mit einer jeweils anderen Ausgangssituation. Zuerst nach einem kohlenhydratreichen Frühstück, dann auf nüchternen Magen und auf nüchternen Magen mit entleerten Speichern. Die Ergebnisse zeigen, dass nach einem Frühstück nur rund 0,22 Gramm Fett pro Minute von dem Radfahrer umgesetzt werden konnten. Bei der nüchternen Untersuchung ergab sich ein Wert von 0,53 Gramm und bei der Kombination aus entleerten Kohlenhydratspeichern und nüchternem Magen ein Wert von 0,78 Gramm. Dies zeigt einen Erfolg der letzteren Methode und spricht für das „train-low-compete-high-Prinzip. Trotzdem ist die Studie mit nur einem einzelnen Probanden nicht aussagekräftig genug, um voreilige Prognosen abzugeben.

Fazit zum Nüchterntraining

Das Nüchterntraining empfiehlt sich vor allem in weniger intensiven Trainingseinheiten und kann somit den Effekt der Fettoxidation verstärken. Trotzdem sollte ein Sportler immer auf eine gesunde Nahrungsaufnahme achten. Denn so schlecht zu viele Kohlenhydrate in der Ernährung sind, zu wenige sind es eben auch.