Triathlon

Die Triathlon-Wettbewerbe in Rio

von Karen Böhnke - 17 Aug, 2016

Seit den Spielen in Sydney vor 16 Jahren ist der Triathlon eine olympische Sportart. Bei der fünften Olympia-Auflage wird die Weltspitze im August in Rio de Janeiro um die nächsten sechs begehrten Medaillen kämpfen. Für die Kurzdistanztriathleten bedeutet der Gewinn von Olympiagold noch weitaus mehr als der Sieg in der World Triathlon Series$PreviewBreak, über die der Weltmeistertitel vergeben wird, denn wer die Goldmedaille gewinnt rückt häufig raus aus dem medialen Schatten, in dem Sportarten wie Triathlon stehen, und rein in den Fokus der Medien, Sponsoren und Sportfans.

 

 

Wettkampfformat und Strecke

Triathlon galt lange Zeit als Extremsport für etwas verrückte Athleten und das nicht ohne Grund, denn die Rennen über die "Ironman"-Distanz zählen zu den härtesten Wettkämpfen der Welt. Olympisch ist jedoch die Kurzdistanz, die auf 1,5 km Schwimmen, 40 km Rad und 10 km Laufen genormt und auch für Hobby-Sportler mit gutem Fitnessstand zu bewältigen ist.

Vor allem bei olympischen Spiele liegt der Fokus oft auf der zuschauerfreundlichen Präsentation der Wettkämpfe. So führt die Strecke in Rio de Janeiro nach einem Start am Strand fast die gesamte Zeit an der Copacabana entlang. Dennoch ist der Kurs technisch anspruchsvoll und wartet auf jeder der acht Radrunden mit einer tückischen und steilen Steigung auf, die den Athleten jeweils rund eine Minute alles abverlangt. Viele Sportler, die aus der World Triathlon Series sonst eher flache Kurse gewohnt sind, legten im Training deshalb viel Wert auf Bergintervalle auf dem Rad. Zusätzliche Spannung entsteht bei olympischen Rennen durch das Draftingformat, bei dem der Windschatten des Vorausfahrenden auf der Radstrecke genutzt werden darf. In Kurven oder bei nasser Strecke kann es so im engen Fahrerfeld schnell zu Stürzen und Unfällen kommen. Wer hier auf dem Rad den Anschluss an die Spitzengruppe verloren hat, hat kaum noch eine Chance.

Die Gewinner der letzten vier Jahre

Bei der Premiere über 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen holen die Schweizerin Brigitte McMahon und der Kanadier Simon Whitfield Gold. Letzterer ging bei allen bisherigen olympischen Entscheidungen im Triathlon von 2000 bis 2012 an den Start und konnte 2008 in Sydney noch die Silbermedaille gewinnen. Im Oktober 2013 erklärte er seinen Rücktritt vom Leistungssport und wird dieses Jahr erstmals ein olympisches Triathlon-Rennen als Zuschauer erleben.

Favoriten

Wer beim größten Sportfest der Welt auf das hart umkämpfte Treppchen klettert, schien noch nie unklarer als vor diesen Spielen. Die Favoriten auf die Goldmedaille haben sich in den vergangenen Monaten nicht nur bemüht, in der absoluten Bestform an der Copacabana aufzulaufen, sondern auch darum, die Konkurrenz über ihr tatsächliches Leistungsvermögen im Unklaren zu lassen. Am Donnerstag kommt es endlich zum Showdown und alle Protagonisten müssen offenlegen, wie fit sie wirklich sind.

Männer

Der Brite Alistair Brownlee würde gerne seine zweite goldene Olympia-Medaille gewinnen. Er wäre der erste Triathlet, dem das gelingt. Im Schwimmen liegt er nah an der Spitze und auf dem Rad setzt er neue Maßstäbe, aber wird sein Knöchel, der im vergangenen Jahr operiert wurde, halten? Sein jüngerer Bruder Jonathan Brownlee gilt als konstanter Typ, scheint aber speziell in Rennen gegen seinen Bruder gehemmt und in den entscheidenden Phasen nicht in der Lage, die Entscheidung herbeizuführen. Vor allem auf dem Rad arbeiten die beiden Brüder unvergleichlich gut zusammen, allerdings haben die Brownlees haben allerdings Probleme, ihr Potenzial bei Hitze abzurufen.
Der Slowake Richard Varga könnte fast schon als dritter Brownlee durchgehen: Er ist mit den beiden Brüdern gut befreundet und bestreitet viele Rennen mit ihnen. Als stärkster Schwimmer zieht Varga das Feld stets auseinander und begünstigt so die offensive Renngestaltung der Brownlees, die sich gerne früh mit einer kleinen Gruppe absetzen. Ein weiterer guter Schwimmer, der ihnen dabei helfen kann, ist der Südafrikaner Henri Schoeman.

Ein schnelles Schwimmen wird den starken Läufern Richard Murray und Mario Mola nicht besonders gefallen. Der Spanier hat im Schwimmen zwar deutliche Fortschritte gemacht, aber meistens fehlen ihm noch ein paar Sekunden zur Spitzengruppe auf dem Rad. Verpasst er den Sprung in eine Spitzengruppe auf dem Rad, wird er hart arbeiten müssen, um zum zweiten Wechsel den Anschluss wiederherzustellen. Im Gegensatz zu Mola gibt Murray auf dem Rad aber gerne Gas und könnte so zum Erfüllungsgehilfen des Spaniers werden.
Noch mehr gepokert als Alistair Brownlee hat der Franzose Vincent Luis. Er hat in diesem Jahr noch kein einziges WM-Serienrennen bestritten und seine Form ist ein großes Geheimnis. Grundsätzlich schwimmt der 27-Jährige herausragend, ist ein guter Radfahrer und ein exzellenter Läufer. Sollte er fit sein, gehört er zu den heißesten Medaillenanwärtern.

Frauen

Gwen Jorgensen (USA) ist die deutlich schnellste Frau auf den zehn Laufkilometern und eine überdurchschnittlich gute Schwimmerin. Auf dem Rad musste sie bislang noch nicht zeigen, wie gut sie wirklich ist. Gefahr für den fast schon sicher geglaubten Olympiatitel für die Amerikanerin droht vor allem von Flora Duffy (BMU), die zuletzt beim Schwimmen Lücken zu Jorgensen riss und sich dann mitunter alleine gegen die große Verfolgergruppe behauptete. Nur wenige Athletinnen im Feld können, nachdem sie auf dem Rad alles investiert haben, noch so nah an ihre Bestzeiten heranlaufen wie Duffy. Dennoch bräuchte sie nach dem zweiten Wechsel wohl mindestens zwei Minuten Vorsprung vor Jorgensen, um Gold gewinnen zu können.

Noch gefährlicher wird es für Jorgensen, wenn sich weitere starke Schwimmerinnen wie Pamela Oliviera (BRA) oder die Britinnen in Duffys Windschatten hängen und eine kleine Gruppe fliehen kann. Auch die Schweizerin Nicola Spirig könnte das Rennen aufmischen, wenn die Olympiasiegerin nach dem Schwimmen, ihrer schwächsten Disziplin, ihre Radstärke ausspielen und von hinten durch das Feld an die Spitze stürmen sollte. Kann Anne Haug gemeinsame Sache mit der Schweizerin machen, ist auch der Deutschen der Gewinn einer Olympiamedaille zuzutrauen.

Deutsche Teilnehmer

Für die Deutsche Triathlon Union (DTU) werden Anne Haug und Laura Lindemann in Rio de Janeiro an den Start gehen. Dieser Entscheidung ging allerdings ein langer Rechtstreit mit bitterem Beigeschmack voraus.

Ursprünglich schlug die DTU Steffen Justus und Gregor Buchholz, da die die Startplätze für Deutschland gewonnen hatten, sowie neben Anne Haug auch Anja Knapp und Laura Lindemann, da die die stärksten Schwimmerinnen, somit taktisch am variabelsten seien und Anne Haug im Kampf um eine Medaille am besten unterstützen könnten, für die Nominierung durch den DOSB vor. Dagegen hatte die nicht-berücksichtigte Rebecca Robisch erfolgreich beim Deutschen Sportschiedsgericht geklagt, woraufhin die DTU ihre Vorschlagsliste um Robisch und Hanna Philippin erweiterte. Am 12. Juli entschied der DOSB nur Anne Haug, die als einzige die Qualifikationsvorgaben sportlich erfüllt hatte, zu den Olympischen Spielen nach Rio de Janeiro zu schicken. Somit bleiben vier Startplätze der Deutschen (zwei bei den Männern und zwei bei den Frauen) unbesetzt und wurden an andere Nationen weiter verteilt.
Nach einer erneuten Klage durch Rebecca Robisch hatte das Landgericht Frankfurt den DOSB aufgefordert, seine Triathlon-Nominierung noch einmal zu überdenken. Der DOSB hat das in Absprache mit der DTU getan und die in dieser Saison bislang erfolgreichste Deutsche mit Rang zehn in Yokohama, Laura Lindemann, nachnominiert.

Zeitplan

Die Triathlon-Wettbewerbe in Rio de Janeiro starten jeweils um 11 Uhr Ortszeit. Zu dieser Zeit wird eine Temperatur von ca. 25° C prognostiziert, die dem ein oder anderen Athleten durchaus Probleme bereiten könnte und das Rennen eventuell mit beeinflussen wird.

  • Wettkampf der Männer: 18. August 16:00 Uhr (MESZ)
  • Wettkampf der Frauen: 20. August 16:00 Uhr (MESZ)